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Rheinische Post
Freitag, 07. November 2003

So viele Scheidungen wie noch nie


Von MARGARETE VAN ACKEREN

BERLIN. Bis dass der Tod euch scheidet - oder doch vorher der Scheidungsrichter? Die Wahrscheinlichkeit, dass der zweite Fall eintritt, ist weiter gestiegen. Immer mehr Ehen gehen in die Brüche. Die Scheidungsrate erreichte im vergangenen Jahr Rekord-Niveau. Die Zahl der Trennungen stieg im Vergleich zum Vorjahr um 3,4 Prozent auf 204 200, wie das Statistische Bundesamt gestern mitteilte. Die Statistiker erwarten, dass die Scheidungsquote noch steigt. Die absolute Zahl werde allerdings zurückgehen, da auch die Zahl der Eheschließungen abnimmt, hieß es in Wiesbaden. Derzeit gehen 40 Prozent der Paare vor der Silberhochzeit auseinander. Im Zehn-Jahresvergleich nahm die Zahl der Paare, die vor den Scheidungsrichter traten, um satte 51,3 Prozent zu.

Woran liegt's? Verliert Treue an Bedeutung? Ist die Hürde für eine Scheidung so niedrig, dass sie leichter genommen wird? Der Darmstädter Sozialrichter Jürgen Borchert, einer der führenden Familienexperten, hält zwei andere Punkte für entscheidend: eine finanzielle Überforderung für Paare mit Kindern und eine mangelnde persönliche Verantwortung bei Paaren ohne Kinder. „Man kann getrost unterstellen, dass das staatlich gesetzte Abgabensystem eine nicht zu unterschätzende Rolle bei den Scheidungen spielt"., sagte Borchert unserer Zeitung. Übermäßiger ökonomischer Druck zerstöre die Familien. „Die Daten sind ja bekannt: Ein Facharbeiter mit zwei Kindern und einem Durchschnittseinkommen kann die Familie nicht mehr minimal sichern. Das bedeutet Dauer-Stress." Fast jedes zweite der 2002 geschiedenen Ehepaare hatte minderjährige Kinder. Rund 160 100 Kinder unter 18 Jahren waren von der Trennung ihrer Eltern betroffen. Das waren 4,1 Prozent mehr als im Vorjahr und 57,9 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Der Experte aus Darmstadt mahnt politische Korrekturen an: Die Steuer- und Sozialsysteme müssten so eingerichtet werden, dass es Familien möglich werde, „aus dem selbst erwirtschafteten Einkommen in Selbstverantwortung und Freiheit die Kinder großzuziehen".

Borchert hält noch einen Punkt für zentral: „Angesichts der zunehmenden Kinderlosigkeit sind Ehen weniger Verantwortungsgemeinschaft als früher. Sie lassen sich daher auch leichter trennen." In einer Zeit, in der viele junge Leute keine berufliche Perspektive hätten, stellten sie den Kinderwunsch immer länger zurück. Bei der Ehe ist das sechste Jahr das verflixte: Die meisten Paare (13 310) waren bei ihrer Scheidung fünf Jahre verheiratet. Treibende Kraft bei Trennungen sind der Statistik zufolge die Frauen. Über 118 200 Scheidungsverfahren wurden im vorigen Jahr von den Ehefrauen beantragt.

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