Presseschau
Auf dieser Seite finden Sie "vereinsfremde" Presseartikel.
Artikel rund um unseren Verein finden Sie hier.


Schwarzwälder Bote
?, ?. September 2004

Spanien weicht von Gleichheit ab


"Positive Diskriminierung" soll gewalttätige Männer bändigen

Von Thomas Müller
Madrid. Mit einem umstrittenen neuen Konzept will die spanische Regierung die ausufernde Gewalt in der Ehe bekämpfen. Das Zauberwort, das konservative Politiker und manche Richter gleichermaßen empört, heißt "positive Diskriminierung": Bei einem jetzt verabschiedeten Gesetzesentwurf des Kabinetts zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt schließt die neue sozialistische Regierung ganz bewusst Männer aus. Nur wenn das Opfer eine Frau oder ein Kind ist, gelten die neuen verschärften Strafen. Wird ein Mann misshandelt, bleibt alles beim Alten, und es greifen die bestehenden Gesetze.

Damit ist das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz aufgehoben. Männer können demnach für das gleiche Vergehen schärfer bestraft werden als Frauen. "Ist das Diskriminierung? Na klar ist es das", erklärt die stellvertretende Ministerpräsidentin Maria Teresa Fernandez de la Vega. Aber, so argumentiert die Regierung, nur auf diese Weise lasse sich gegen Männer vorgehen, die Gewalt einsetzten, um damit ihre Vorherrschaft über Frauen zu erhalten. Dass in Spanien dringend etwas getan werden muss, um die Misshandlungen von Frauen zu stoppen, darüber sind sich fast alle einig. Täglich werden die Spanier mit immer neuen Berichten über geprügelte oder getötete Frauen konfrontiert.

Opposition stellt Bedenken im Interesse der Frauen zurück

Im vergangenen Jahr meldeten 64 000 Frauen Misshandlungen durch ihre Männer oder Freunde - Tendenz steigend. Seit 1999 wurden nach offiziellen Angaben etwa 300 Frauen von ihren Männern getötet - eine Zahl, die von Frauenverbänden sogar noch als zu niedrig bewertet wird.

Der Gesetzentwurf der Regierung sieht neben Präventiv- und Sozialmaßnahmen nun unter anderem härtere Strafen für prügelnde Ehemänner vor. Zudem sollen Sondergerichte für Misshandlungsfälle geschaffen werden, die aber nur einberufen werden, wenn das Opfer kein Mann ist. Sie sollen auch schon Bedrohungen gegen oder Druck auf Frauen scharf ahnden.

Mit ihrem Gesetzentwurf setzt sich die Regierung über den Rat höchster Richter hinweg. Der von konservativen Richtern dominierte Allgemeine Rat der Rechtsprechenden Gewalt (CGPJ) wandte sich scharf gegen die so genannte positive Diskriminierung. Sie sei nicht verfassungsgerecht. Auch die konservative Volkspartei (PP) sprach von einem "schlechten" Gesetzentwurf, versprach aber "im Interesse der Frauen" Zusammenarbeit im Parlament. Beobachter erwarten deshalb, dass das Gesetz von der Volksvertretung gebilligt wird.

Die sozialistische Partei von Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero setzt mittlerweile die "positive Diskriminierung" auch in anderen Bereichen durch. In der Regierung sind bereits die Hälfte der Kabinettsposten mit Frauen besetzt, nun sollen Anfang Juli auch noch die Hälfte der Sitze im Parteivorstand an Frauen vergeben werden.

In unserem Forum können Sie Ihre Meinung zu diesem Artikel äußern.
Verweisen Sie dabei bitte auf http://www.vafk-sbh.de/FremdePresse/Artikel164.html

Zum Seitenanfang