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Schwarzwälder Bote
08. Oktober 2004

Kinder bekommen Vorrang beim geänderten Unterhaltsrecht


Armutszahlen sind alarmierend / Reformplan der Bundesjustizministerin stellt "Privilegierung der ersten Ehefrau" in Frage

Von Wolfgang Janisch
Karlsruhe. Wenn es um Geld geht, reagieren geschiedene Männer mitunter verbittert: "Unterhalt", so ist auf einer "Väterseite" im Internet zu lesen, "bezeichnet die Summe, die eine Frau mit Hilfe eines Kindes aus ihrem Mann herausschlägt, bevor sie sich einem anderen zuwendet."

Seit Brigitte Zypries (SPD) vor kurzem Änderungen im Unterhaltsrecht ankündigte, dürften die geplagten Männer voller Hoffnung auf die Frau an der Spitze des Bundesjustizministeriums blicken: Die Ministerin lotet die Möglichkeiten aus, "den nachehelichen Unterhaltsanspruch zeitlich zu befristen oder der Höhe nach zu begrenzen".

Noch vor Jahresende will das Ministerium einen Entwurf oder ein Eckpunktepapier vorlegen. Doch schon jetzt ist klar, dass im Mittelpunkt der geplanten Reform nicht der geschröpfte Mann steht, sondern das bedürftige Kind. Denn Teil eins der Reform ist bereits relativ klar umrissen: Das Kind soll sich den Unterhaltskuchen künftig nicht mehr mit geschiedenen und aktuellen Ehepartnern des Vaters (oder der Mutter) teilen, sondern hat Vorrang vor allen Berechtigten.

Wichtig wird das, wenn das Einkommen des "Zahlers" nicht für alle reicht; er selbst darf von seinem Einkommen 840 Euro im Monat (im Osten 775 Euro) selbst behalten. Das Kind muss sich dann nicht mit einer Art Insolvenzquote zufrieden geben, sondern steht auf Rang eins der Anspruchsliste. Hintergrund sind erschreckende Armutszahlen bei Kindern.

Mehr als eine Million bekommen Sozialhilfe, mehr als die Hälfte davon leben bei allein erziehenden Müttern - die übrigens ebenfalls profitieren könnten: Wer Kinder betreut, soll, auch ohne Trauschein, auf Rang zwei stehen.

Dennoch: Die Hoffnung der zu Unterhalt verpflichteten Ehepartner ist nicht ganz unberechtigt. Denn den zweiten Teil hat die Ministerin unter dem Stichwort "Stärkung der nachehelichen Eigenverantwortung" angekündigt. Das bedeutet nichts anderes als den schleichenden Abschied von unter Umständen lebenslangen Unterhaltszahlungen.

Dass die Hausfrau nach 20 Jahren Bügeln und Kochen für den erfolgreichen Gatten sich nach der Scheidung plötzlich allein durchschlagen muss, ist jedoch unwahrscheinlich. Denn zeitliche und betragsmäßige Begrenzungsmöglichkeiten sieht das Gesetz schon jetzt vor. Die Gerichte machen davon aber bei mehr als zehnjähriger Ehedauer eher zurückhaltend Gebrauch.

Allerdings: Die "Privilegierung der ersten Ehefrau" im Unterhaltsrecht wackelt, das hat die Ministerin unmissverständlich angedeutet. Nach den Worten von Gerd Brudermüller, Präsident des Deutschen Familiengerichtstages, ist "die bisherige Zurückhaltung nicht mehr angebracht".

Weil der Bundesgerichtshof 2001 den Scheidungsunterhalt nach einer "Hausfrauenehe" nach oben geschraubt habe, sei es umso dringlicher geworden, die Belastung für den "Zahler" zu reduzieren. Denkbar ist also, dass der Gesetzgeber den Unterhaltsempfängern früher als bisher zumutet, selbst für den eigenen Unterhalt zu sorgen oder wenigstens - wenn der eheliche Lebensstandard ziemlich hoch war - nach einigen Jahren einen spürbaren Abschlag hinzunehmen.

Ein von den Gerichten zu lösendes Problem stellt sich, wenn der Unterhaltsempfänger eine neue Beziehung angefangen hat. Laut Bundesgerichtshof kann bei "eheähnlichem Zusammenleben" zwar der Anspruch gegen den Ex-Ehepartner wegfallen. Zugleich zeigt das Gericht aber Verständnis dafür, dass ein Paar seine langjährige Beziehung "bewusst auf Distanz" gestaltete, also zwei Wohnungen in derselben Stadt unterhielt. Der Ex-Mann, ein nicht gerade begüterter Installateur, blieb auf seinen Zahlungspflichten sitzen - obwohl er selbst eine neue Familie zu versorgen hatte.

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