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Südkurier
Samstag, 04. Juni 2005

Die Väter kommen

Sie wollen alles: Erfolg im Beruf und in der Familie

VON ANDREA KRAUS
Stolze Väter. Alte Väter. Engagierte Väter. Verweichlichte Väter. Väter mit Muskeln. Widersprüche allenthalben. Klar ist aber, sie sind anders, die "neuen" Väter. Nie zuvor haben sich Männer so intensiv mit Familienleben und Kindererziehung identifiziert wie heute. Man trifft sie in den Wartezimmern der Kinderärzte, auf Spielplätzen oder beim Info-Abend der Kinderkrippe. Sie gehen - den Säugling um den Bauch gebunden - einkaufen. Statt sich in den Hobbykeller zu flüchten, nutzt der "neue" Vater die Zeit zwischen Feierabend und Schlafenszeit aktiv mit seinem Kind. Er liest Gute Nacht Geschichten vor, und hat keine Scheu vor zärtlichem Körperkontakt. Allerdings: Obwohl sich das Vater-Bild in den vergangenen Jahren beträchtlich gewandelt hat, bleiben die meisten Männer nach wie vor in ihrer alten Versorgerrolle stecken. Laut dem Konstanzer Väterforscher Heinz Walter gibt es dafür verschiedene Gründe. Einer davon ist die Frau. Keineswegs, so Walter, entscheide der Mann nämlich immer selbstherrlich, wer zu Hause bleibt und wer arbeiten geht. Meistens würden sich Paare gemeinsam entscheiden. Dabei spiele das jeweilige Einkommen, vorhandene Betreuungsmöglichkeiten und die Bereitschaft der Frauen, die Kindererziehung wirklich dem Partner zu überlassen, eine wichtige Rolle. Oft unbewusst hätten viele Frauen Angst, dass der Mann es eben doch nicht gut genug macht. Seit sich aber ein eigener Forschungszweig, die Väterforschung, dem lange Zeit vernachlässigten "Dritten" im Bunde widmet, weiß man, dass Männer es tendenziell genauso gut mit ihren Kindern können wie Frauen. Nur, sie machen es anders.

Der moderne Vater steckt offenbar in einem Dilemma. Einerseits soll er eine liebevolle intensive Beziehung zu seinem Kind pflegen. Andererseits hält die Gesellschaft an dem traditionellen Bild des Vaters als Versorger fest. "Sie brauchen sich nur mal die Werbung für Bausparkassen und Versicherungen anzusehen", sagt Väterforscher Walter, "da wird das Bild vom guten Kerl vermittelt, der dafür sorgt, dass es materiell auf allen Ebenen stimmt, und zwar auch in Zukunft."

Laut Tobias Bücklein setzen deshalb zu Hause nach wie vor die Frauen die Standards. Als Vater von zwei Kindern kennt der Mitherausgeber der Väterzeitschrift "Paps" das Problem aus eigener Erfahrung. "Die Frauen sagen wie die Kinder erzogen und wie die Unterhosen zusammengelegt werden müssen", so Bücklein. "Paps" will Väter dazu ermutigen ihre eigene Meinung in Sachen Kindererziehung einzubringen. Auch wenn sie aus beruflichen Gründen einen Grossteil ihrer Zeit außer Haus verbringen. In Reportagen und Berichten wird deshalb der Frage nachgegangen, wie Beruf und Familie unter einen Hut zu kriegen sind. Zwar sei dies natürlich kein ausschließliches Männerproblem. "Aber", so Bücklein, "wenn Väter ihre Vaterrolle annehmen wollen, dann ist das Thema der Vereinbarkeit sogar ausgeprägter, weil Väter sich gegen mehr Widerstände durchsetzen müssen". Schließlich halten Personalchefs nach wie vor wenig von männlichen Mitarbeitern, die pünktlich Schluss machen, weil sie ihr Kind von der Krippe abholen müssen. Und auch unter Kollegen stoßen Männer nicht immer auf viel Verständnis.

Die "neuen" Väter wollen beides: Hundert Prozent Leistung im Job und hundert Prozent Papa sein. "Der Marathonpaps" ist denn auch der programmatische Titel des Buches, in dem Tobias Bücklein verschiedene Glossen über das Vatersein herausbringt. Wer sich aber ernsthaft mit der sich wandelnden Rolle der Väter beschäftigen möchte, hat demnächst ausgiebig Gelegenheit. Zahlreiche Vorträge sowie gleich zwei Väterkurse bietet die Volkshochschule Konstanz noch in diesem Sommer an. Nachdem ein erster Kurs mangels Anmeldungen ausfallen musste, wird sich jetzt also zeigen, wie neu die "neuen" Väter wirklich sind.
TERMINE

Konstanzer "Väter-Sommer". Eine Kooperation der Universität Konstanz (Prof. Dr. Heinz Walter) und der vhs Konstanz-Singen (Dr. Lothar Stetz)
Fr 10.06.05: Dr. Eva Rass: Wenn der Vater doppelt wichtig wird
Mo 13.06.05: Dr. Jürgen Grieser: Der Vater in der Adoleszenz
Mo 20.06.05: Prof. Roland Proksch: Kindeswohl und Elternrecht
Mo 27.06.05: Prof. Dr. Wolfgang Walter: Hört ihr die Väter weinen?
Mo 04.07.05: Andreas Kraft, M.A.: Die Vaterbilder der 68er
Mo 11.07.05: Dr. Pradeep Chakkarath: Väter hier und anderswo

Väterkurse:
"Als Vater wird man nicht geboren" - Vorbereitung für werdende Väter (Tobias Bücklein 5 x ab Di 07.06.2005)
Väter-Wochenende: Begleitseminar zum Väter-Sommer mit Prof. Heinz Walter (Termin im Juli, steht noch nicht ganz fest)

"Zeugungsstreik"

Viele weichen der Kinderfrage aus

Beim Thema Geburtenrückgang denken viele zuerst an Frauen mit ausgeprägten beruflichen Interessen und wenig mütterlichen Ambitionen. Doch wenn Paare kinderlos bleiben, hat oft auch der Partner eine Entscheidung getroffen - oder aber auf die lange Bank geschoben. Jeder vierte Mann (26,3 Prozent) zwischen 20 und 39 Jahren hat an Nachwuchs überhaupt kein Interesse, so eine Umfrage des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung. Bei den Frauen liegt der Wert bei 14,6 Prozent. Die Studienergebnisse waren von Bundesinnenminister Otto Schily als "Absage an das Lenben" bewertet worden.

Dass viele Männer keinen Nachwuchs wollen, bleibt offenbar nicht ohne Folgen. So zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, dass in der Phase der Familiengründung mehr Männer kinderlos sind als Frauen: Fast 60 Prozent der 30- bis 34-jährigen Männer hatten im Jahr 2002 keine Kinder, bei den gleichaltrigen Frauen waren es knapp 40 Prozent. Von den 35- bis 39-jährigen Männern waren 34 Prozent kinderlos, von den gleichaltrigen Frauen 17.

Nicht selten werden Frauen von ihren Partnern vertröstet - bis es zu spät ist, stellt die Hamburger Journalistin Meike Dinklage in ihrem aktuellen Buch "Der Zeugungsstreik" fest. In jungen Jahren ist Unentschiedenheit allerdings bei beiden Geschlechtern verbreitet. Häufig sei die Angst vor der Vaterschaft darin begründet, die Rolle des materiellen Versorgers nicht ausfüllen zu können. Auch nach der Studie des Bundesfamilienministeriums halten es zwei von drei Befragten für unbedingt notwenidig, dass die finanzielle und berufliche Situation gesichert ist, bevor an Nachwuchs gedacht wird. Männer fürchteten heute nicht nur Freiheitsverlust und die Verantwortung für ein Kind, sondern auch die Unzufriedenheit ihrer Partnerin. Die hohen Scheidungsraten schafften zusätzliche Zweifel.

Frauen mit unentschiedenen Männern sollten den Konflikt nicht auf die Spitze treiben, rät Manuela Rettig von Pro Familia in Stuttgart. Bestärken könnten sie ihren Partner, indem sie über die Rahmenbedingungen reden. "Machen Sie deutlich, dass für ein Kind nicht alles perfekt sein muss." Bei vielen sei der Gedanke an Kinder verbunden mit einem Idealbild vom Haus im Grünen und Kombi in der Garage.

VIVIEN REHDER, DPA
LITERATUR: MEIKE DINKLAGE: DER ZEUGUNGSSTREIK.
WARUM DIE KINDERFRAGE MÄNNERSACHE IST, DIANA VERLAG, ISBN 3-453-28501-8, 17,90 EURO

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