Presseschau
Auf dieser Seite finden Sie "vereinsfremde" Presseartikel.
Artikel rund um unseren Verein finden Sie hier.


Südkurier
Donnerstag, 02. Februar 2006

330 Kinder vernachlässigt, hungrig und alleingelassen

Studie in 15 Kindertageseinrichtungen bringt erschütternde Zahlen an den Tag - Erzieherinnen kommt Schlüsselrolle zu

Villingen-Schwenningen (us) Mit einem Podiumsgespräch ging der erste Fachtag zum Thema "Kindesvernachlässigung" mit über 120 Teilnehmern aus der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg sowie der Stadt Villingen-Schwenningen zu Ende. Fachleute aus Kindergärten, Polizei, Suchtberatung und Heimerziehung erörterten in Arbeitsgruppen die Lage und zeigten zukünftige Perspektiven auf.

Zum Teil schockierende Lebensbedingungen, unter denen Kinder in Familien aufwachsen müssen, beschäftigen in den letzten Jahren zunehmend die Öffentlichkeit. Diese "medienöffentlichen" Fälle sind jedoch nur die Spitze des Eisberges. Vernachlässigung prägt den Alltag von vielen Kindern auch in der Stadt Villingen-Schwenningen. Und dass den Erzieherinnen der Kindertagesstätten und Kindergärten, die in großer Zahl an dem Fachtag teilnahmen, der von verschiedenen Institutionen veranstaltet wurde, dabei eine Art Schlüsselrolle zufällt, wurde spätestens im Rahmen des Podiumsgespräches deutlich.

Iris Müller von der Abteilung Kindertagesstätten der Stadt Villingen-Schwenningen konkretisierte dabei in genau belegten Zahlen, was Kindesvernachlässigung für eine Stadt bedeutet. In einer Studie, die im Zeitraum Oktober 2005 bis Januar des laufenden Jahres in den 15 städtischen Betreuungseinrichtungen mit rund 1200 Kindern akribisch alle offensichtlichen "Härtefälle" auflistet, konnte Müller sichtlich Betroffenheit bei den anwesenden Fachleuten auslösen (siehe Infokasten).

Roland Wössner von der Polizeidirektion berichtete aus den Erfahrungsberichten von Einsätzen. Hier seien aber eher Kindesmisshandlungen angezeigt worden. Ein ernstzunehmendes "Phänomen" seien allerdings streunende Kinder in jedem Alter, die vermehrt zu beobachten seien. Der Leiter der Fachstelle Sucht, Roland Kurz, verwies auf den Schwerpunkt "Familie und Sucht" in diesem Jahr. Die Fachstelle, so Kurz, habe jährlich allein rund 1000 Menschen mit Alkoholproblemen in Behandlung, hier könne man von 250 bis 300 Kindern ausgehen, die unter der Situation leiden. "Diese Erkenntnisse landen dann bei uns", so der Leiter des Kreisjugendamtes, Manfred Nietsch. Er sieht als wichtigen präventiven Schritt die stärkere Kooperation mit den Kindertagesstätten. Dass die Erziehungsberatungsstelle schon seit längerem direkt in Tagesstätten Beratungsgespräche führt, sei ein erfolgreiches Konzept, das weitergeführt werden müsse. "Ein Kind aus der Familie zu holen ist der wirklich letzte Schritt, wir müssen den Eltern möglichst niederschwellig helfen", so Nietsch. "Eine intensivere Vernetzung zwischen Kitas und Jugendämtern würde unsere Arbeit unterstützen", artikulierte Müller den Wunsch vieler Erzieherinnen. Klar ist, dass alle Maßnahmen von finanziellen Rahmenbedingungen abhängig sind.

Erschütternde Zahlen

Die Auswertung einer viermonatigen Studie an 15 Kindertagesstätten in Villingen-Schwenningen mit rund 1200 Kindern ergab folgendes Bild: Die Erzieherinnen schätzen die Zahl der Kinder, die von ihren Eltern zu wenig Beachtung bekommen, sich überwiegend mit Fernseher und Computerspielen beschäftigen und sich selbst überlassen sind, auf mindestens 30 Prozent.
(us)

In unserem Forum können Sie Ihre Meinung zu diesem Artikel äußern.
Verweisen Sie dabei bitte auf http://www.vafk-sbh.de/FremdePresse/Artikel195.html

Zum Seitenanfang