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Badische Zeitung (Kinderseite)
Samstag, 23. März 2002

Wenn zwei sich scheiden

Auch wenn es anfänglich weh tut, kann es später gut sein, wenn Eltern sich trennen statt immer nur zu streiten

Als ihre Eltern sich trennten war die 10-jährige Anna sehr traurig. Ihr Tagebuch war in dieser Zeit ein richtiger Freund. Ihm hat sie alles anvertraut. Jetzt will sie anderen Kindern erzählen, wie es war und ihnen Mut machen: "Es wird alles wieder besser."

10. Juni: Papa hat heute bei Oma übernachtet. Davor hat er mit Mama laut gestritten. Er hat gebrüllt. Mama hat zurückgegiftet. Man hat es bis ins Kinderzimmer gehört. Ich bin zu meinem Bruder Jonas ins Bett gekrochen. "Die lassen sich sicher scheiden", hat er gesagt. Dann hat jemand die Haustür zugeworfen. Ganz laut. Es war Papa. Dabei schimpft der doch immer, wenn wir die Haustüre zuwerfen.

29. Juni: Ich kann die Streiterei nicht mehr hören. Heute sind wir alle an einen See gefahren. "Sag deinem Vater, er soll nicht so schnell fahren", hat Mama zu mir gesagt. Papa hat dann überholt - extra schnell.

2. Juli: Mama hat heute gesagt: "Dein Papa und ich, wir passen einfach nicht mehr zueinander." Sie wird ausziehen! Jonas ist sofort rausgerannt. Ich habe geheult. Mama wollte mich in den Arm nehmen. Ich habe sie nicht gelassen. Mama hat dann auch geheult. "Ihr könnt mich immer sehen, wenn ihr wollt", hat sie gesagt. So was Scheinheiliges. Sie ist doch schuld. Sie ist es ja, die von uns weg will!

15. August: Wir wohnen jetzt allein mit Papa. Er kocht unsere Lieblingsessen und versucht, Witze zu machen. Er ist ein furchtbarer Witze-Erzähler. Mama kann das besser. Gut, dass ich wenigstens mit Jonas reden kann. Morgen fängt die Schule wieder an. Was soll ich bloß über meine Sommerferien erzählen?

7. Oktober: Ich habe meiner Lieblingslehrerin alles erzählt. Sie hat sich gewundert, warum ich es bisher niemandem in der Schule erzählt habe. "Jedes vierte Kind hat geschiedene Eltern, dafür musst du dich nicht schämen." Eigentlich hat sie Recht. In meiner Klasse sind drei andere Kinder mit geschiedenen Eltern.

19. Dezember: Heute habe ich Papa gesagt, was ich mir zu Weihnachten wünsche: Er und Mama sollen wieder zusammenkommen. Papa hat mich mit in die Küche genommen, Salatöl und Wasser in ein Glas geschüttet und umgerührt. Das Öl und das Wasser haben sich nicht mischen lassen. "Genauso ist das bei Mama und mir", hat Papa gesagt. Warum sagt er so was? Ich dachte, dass ihn die Trennung von Mama traurig macht, aber er ist jetzt entspannter. Er schreit auch nicht mehr so viel.

1. Januar: Ich hatte Angst vor Weihnachten und den Ferien, aber es war okay: Heiligabend waren wir allein mit Papa. Es war richtig gemütlich, vor allem im Vergleich zum letzten Jahr. Da haben sie nämlich den ganzen Abend gestritten. Von Mama haben wir ein besonderes Geschenk gekriegt: Drei Tage Ski fahren, mit ihr ganz alleine! Am Morgen, bevor sie uns abgeholt hat, war Papa traurig, aber Jonas findet, dass der da durch muss. Wir haben beschlossen, die Zeit mit Mama zu genießen.

3. April: Meine Eltern sind jetzt richtig geschieden. Ich bin froh, dass sie nicht darüber gestritten haben, wo wir wohnen. Jonas und ich bleiben bei Papa, aber Mama ist trotzdem genauso für uns zuständig wie bisher. Wir besuchen sie am Wochenende und können sie immer anrufen, wenn wir sie sprechen wollen.

10. Mai: Papa hat eine neue Freundin! Schon seit drei Wochen. Sie heißt Inge. Zuerst habe ich sie richtig gehasst, aber langsam gewöhne ich mich an sie. Sie ist ganz anders wie Mama. Sie lacht sogar über Papas Witze und Papa wird auch wirklich viel witziger, wenn Inge da ist. Natürlich ist und bleibt Mama meine Mama, aber wenn Inge meinen Papa fröhlich macht, dann soll sie ruhig zu Besuch kommen.

20. Mai: Mama fragt mich ständig, ob ich glaube, dass Papa Inge schon lange kennt. Mich nervt das. "Ruf Papa selber an, wenn du das wissen willst", habe ich gesagt. "Von eurem Streit will ich nichts hören." Mama hat kapiert, dass sie uns da nicht reinziehen aoll.

2. August: Es ist jetzt ein Jahr her, dass sich meine Eltern getrennt haben. Es macht mich immer noch traurig, aber ich weiß jetzt, dass es keine Katastrophe ist. Es hat auch Vorteile: Meine Eltern schreien sich nicht mehr dauernd an und sie sind trotzdem beide für uns da.

Protokoll: Katarina Bader

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