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Schwarzwälder Bote
Samstag, 21. September 2002

Plötzlich entsteht eine Leere

Immer mehr Kinder wachsen bei nur einem Elternteil auf

Immer mehr Kinder in Deutschland wachsen bei nur einem Elternteil auf. Wie das Statistische Bundesamt (DESTATIS) in Wiesbaden mitteilte, lebten im April 2001 von den rund 15,1 Millionen Kindern unter 18 Jahren rund 14 Prozent bei einem allein erziehenden Elternteil. 1996 lag der Anteil bei noch 12 Prozent. Das zeigt eine Auswertung des Mikrozensus, der jährlichen Haushaltsbefragung des Bundesamtes.

In Ostdeutschland ist die Entwicklung noch deutlicher. Dort lebt inszischen jedes fünfte Kind bei nur einem Elternteil. Fünf Prozent der Kinder wuchsen im April 2001 bei nur einem Elternteil auf, der auch in einer Lebensgemeinschaft wohnt. 1996 waren das vier Prozent gewesen. Inzwischen lebten nach Berechnungen des Bundesamtes zum Zeitpunkt der Stichprobe 19 Prozent aller Kinder bei einem nicht verheirateten Elternteil, drei Prozentpunkte mehr als 1996.

Trend im Osten besonders spürbar

In Ostdeutschland zeigt sich diese Entwicklung in den Zahlen noch deutlicher. In den alten Bundesländern wurden im April 2001 noch 83 Prozent der Minderjährigen bei Ehepaaren groß, in den neuen Ländern waren dies nur noch 67 Prozent.

Die Zahl der ehelichen Kinder sank zwischen den Jahren 1996 und 2001 im Westen Deutschlands um drei, im Osten gar um acht Prozentpunkte. 13 Prozent der Westdeutschen, aber 20 Prozent der ostdeutschen Kinder wurden dabei von einem allein lebenden Elternteil erzogen.

Psychologen halten diese Entwicklung für problematisch. Kinder allein erziehender Eltern sind nach Ansicht des Psychoanalytiker Matthias Franz beispielsweise stressanfälliger als Kinder aus kompletten Familien. "Zu hoher psychosozialer Stress in der Kindheit hinterlässt emotionale Narben", sagt der Professor für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin an der Universität Düsseldorf. Die Fähigkeit, Stress zu regulieren, leide lebenslang, wenn das Kind zu früh übermäßig viel Stress bewältigen müsse. Franz glaubt aber, auch Wege aus dem Dilemma zu kennen.

Die Gefahren einer Ein-Personen-Erziehung könnten auch gemildert werden, sagte er. Wichtig seien vor allem andere "emotional unterstützende Bezugspersonen" wie es Großeltern oder Onkel und Tanten beispielsweise sein können. Hilfe von dieser Seite ist zu begrüssen.

Positiv sei auch, wenn das Kind weiterhin gute Kontakte zu dem nicht ständig anwesenden Elternteil haben könne.

Die Bedeutung der Familie als "Nest" dürfe nicht unterschätzt werden, betont der frühere Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Kinderschutzzentren, Klaus Neumann. Nichts und Niemand könne die Geborgenheit der Familie ersetzen. Wenn sich ein Elternteil verabschiedet, könne das ein Leben lang nachwirken, sagt auch Berliner Diplom-Psychologe Rainer Balloff. Mangelnde Leistungsbereitschaft, geringe Bindungsfähigkeit und große Verlustängste machen den Kindern zu schaffen. Dies würde den Start ins Leben erheblich erschweren.

Für die gesunde Entwicklung eines Kindes sei die Beziehung zu beiden Elternteilen erforderlich, sagt Siegfried Willutzki, Ehrenvorsitzender des Deutschen Familiengerichtstages.

Psychosoziale Störungen und Verhaltensauffälligkeiten seien bei den Kindern am stärksten ausgeprägt, die den Kontakt zum getrennt lebenden Elternteil verloren haben, glaubt Joachim Hiersemann, Berliner Rechtsanwalt und Psychologe.

Alle scheinen sich über die Auswirkungen einig zu sein. Allerdings Wege, um diese behindernden Bedingungen ein zu dämmen, sind bisher weder von der Wissenschaft noch von der ärztlichen Seite in überzeugendem Ausmaß angeboten worden. Da die Problematik in den kommenden Jahren eher noch zu nehmen wird, sollten hier verstärkte Untersuchungen auf die Tagesordnung kommen.

Ein weites Feld, das sich hier für die Wissenschaft öffnet. Auch die Eltern sind hier über Trennung hinaus gefordert.

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