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Südwest Presse
Dienstag, 19. November 2002

VERFASSUNGSGERICHT / Heute heikles Thema

Väter verlangen mehr

Gemeinsame Sorge bei Unverheirateten noch nicht die Regel
Heute begibt sich das Bundesverfassungsgericht auf ideologisch vermintes Gebiet: Darf ein unverheirateter Vater beim Sorgerecht leer ausgehen, wenn dies die Mutter des Kindes so will? Oder muss nicht - wie bei Geschiedenen - die gemeinsame Sorge zur Regel werden?

WOLFGANG JANISCH, dpa
Eigentlich hatte der Junge noch Glück. Zwar trennten sich seine Eltern als er drei war, jedoch blieben ihm beide erhalten - der Vater von Montag bis Mittwoch, die Mutter bis zum Freitag, und am Wochenende wechseln sich Mama und Papa ab. Trotz der vorbildlichen Arbeitsteilung bleibt der Vater rechtlich außen vor: Das Sorgerecht hat die Mutter - weil die beiden nicht verheiratet waren.

Heute prüft das Bundesverfassungsgericht, ob dies mit dem Elternrecht des Vaters vereinbar ist. Nach einer Reform von 1997 können zwar auch Unverheiratete problemlos das gemeinsame Sorgerecht erlangen - aber nur, wenn sie sich einig sind. Sperrt sich die Frau, ist der Mann machtlos. Im konkreten Fall hat der Vater zwar beim heimischen Jugendamt in Tübingen eine entsprechende Erklärung abgegeben, doch die Mutter fürchtet, er wolle sich nur in ihr Leben einmischen. Sie bleibt bei ihrem Nein.

"Frauenpolitischer Zeitgeist"

Dass sie das darf, findet der "Verband allein erziehender Mütter und Väter" (VAMV) völlig richtig. Gemeinsame Sorge - also das Recht, über Wohnort, Schulausbildung oder größere medizinische Behandlungen mitzuentscheiden - setze eine Einigung der Eltern voraus. "Natürlich blutet einem das Herz, wenn zwei Menschen jahrelang zusammen leben und einer hinterher kein Sorgerecht hat", räumt die Bundesvorsitzende Edith Schwab ein. Dürtfe der Vater das jedoch zwangsweise durchsetzen, dann wäre das ein Eingriff ins Mutterrecht.

Kaum verwunderlich, dass der Verein "Väter für Kinder" das ganz anders bewertet. Peter Koeppel sieht den "frauenpolitischen Zeitgeist" am Werk und beschwört gar ein "Naturgesetz", das den Kindern ein Recht auf den Vater ebenso wie auf die Mutter einräume. "Kinder haben keine anderen Bedürfnisse, nur weil ihre Eltern keinen Trauschein haben", sagt der Müchner Rechtsanwalt. Er verweist auf Frankreich und Großbritannien, wo die Väterrechte sehr viel weiter reichen.

Die Karlsruher Richter begeben sich also auf ideologisch vermintes Gebiet. Dabei ist verfassungsrechtlich unzweifelhaft, dass auch Väter ein Elternrecht haben. Außerdem geht es - Vaterrecht hin, Mutterinteresse her - vor allem um das Wohl des Kindes.

Würde ein gemeinsames Sorgerecht das Engagement der Väter für ihre Kinder womöglich erhöhen? Eine vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebene Studie zu Scheidungsfamilien gibt dazu allenfalls Anhaltspunkte: Danach hat eine Reform, die das gemeinsame Sorgerecht bei Geschiedenen zum Regelfall gemacht hat, immerhin die Streitigkeiten beispielsweise um den Wochenendausflug des geschiedenen Vaters mit der Tochter verringert. Auch seien die Väter bei den Unterhaltszahlungen disziplinierter geworden.

Edith Schwab bezweifelt allerdings, dass das auf Unverheiratete übertragbar ist: "Das gemeinsame Sorgerecht hat mit Kümmern nichts zu tun." Auch Gerd Brudermüller, Vorsitzender des Deutschen Familiengerichtstags, sieht die Ursachen für Konflikte ganz woanders: beim Geld. "Je enger die ökonomische Situation ist, desto mehr streitet man sich - unabhängig vom Sorgerecht."

Hinzu kommt, dass nicht eheliche Kinder keineswegs immer aus stabilen Beziehungen stammen. In deutlich mehr als der Hälfte der Fälle, so eine Studie der Bundesregierung, existiert keine familienähnliche Gemeinschaft. Soll sich also der Erzeuger, der sich beim ersten Anzeichen von Schwangerschaft davon gemacht hat, in die Vaterrechte einklagen können? Soll ein solcher Hallodri der Frau bei jedem Wohnsitzwechsel das Leben schwer machen dürfen, weil er über den Wohnort des Kindes mitbestimmen könnte? Dass Karlsruhe die Drückeberger stärkt, ist nicht zu befürchten.

Änderungen sind dennoch denkbar: Der Deutsche Juristinnenbund etwa hält die Regelung für zu starr, da sie keinerlei Korrektur möglich macht. Der Vorschlag des Verbands: Die Familiengerichte sollten in bestimmten Fällen das gemeinsame Sorgerecht auch gegen den Willen der Mutter anordnen können - aber nur, wenn die Interessen des Kindes das wirklich notwendig machen.

ONLINE INFO
www.vamv-bundesverband.de
www.VaeterFuerKinder.de

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