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Süddeutsche Zeitung
Donnerstag, 30. Januar 2003

Urteil des Bundesverfassungsgericht

Ledige Väter können Sorgerecht nicht erzwingen

Karlsruhe bestätigt Rechtslage: Mütter dürfen auch künftig gemeinsame Betreuung der Kinder verhindern

Von Helmut Kerscher
Karlsruhe - Väter nichtehelicher Kinder können weiterhin kein gemeinsames Sorgerecht gegen den Willen der Mutter erzwingen. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte ein seit 1998 geltendes Gesetz, wonach nichtverheiratete Väter ein solches Recht nur mit Zustimmung der Mutter oder bei einer späteren Heirat bekommen. Derzeit gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass damit dem Elternrecht des Vaters nicht ausreichend Rechnung getragen werde, entschied der Erste Senat unter Vorsitz von Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier. Allerdings müsse der Gesetzgeber die tatsächliche Entwicklung im Auge behalten. Gleichzeitig verlangte Karlsruhe bis zum 31. Dezember eine gesetzliche Übergangsregelung für Eltern, die mit ihrem nichtehelichen Kind zusammengelebt und sich vor Juli 1988 getrennt haben. In diesen Fällen müsse ein Gericht überprüfen können, ob ein gemeinsames Sorgerecht gegen den Willen eines Elternteils eingeräumt werden könne.

Karlsruhe lehnte die Verfassungsbeschwerde eines Vaters und einen Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Korbach ab. In beiden Fällen hatten sich nichtverheiratete Eltern vor 1998 getrennt, als ihr gemeinsames Kind drei Jahre alt war. Anträge der Väter auf ein gemeinsames Sorgerecht wurden von den Gerichten unterschiedlich bewertet. Beide Verfahren müssen bis zu einer gesetzlichen Neuregelung ausgesetzt werden.

In dem Urteil spielen das Kindeswohl und die Bedeutung der Mutter-Kind-Beziehung eine zentrale Rolle. Das Kindeswohl verlange, dass das Kind von seiner Geburt an eine Person habe, die für den kleinen Menschen rechtsverbindlich handeln könne. Eltern ehelicher Kinder hätten sich mit der Heirat verpflichtet, füreinander und für gemeinsame Kinder Verantwortung zu tragen. Bei nichtverheirateten Eltern könne davon auch heutzutage nicht generell ausgegangen werden. Es sei Verfassungsgemäß, in diesen Fällen das Sorgerecht der Mutter als einzig sicherer Bezugsperson zuzuordnen. Das Gericht begründete dies mit der "Unterschiedlichkeit der Lebensverhältnisse, in die nichteheliche Kinder hineingeboren werden". Zwischen Mutter und Kind entwickle sich während der Schwangerschaft neben der biologischen Verbundenheit eine Beziehung, die sich nach der Geburt fortsetze. Der Vater müsse eine Beziehung zum Kind erst aufbauen.

Karlsruhe bestätigte das Konzept des Gesetzgebers, wonach ein gemeinsames Sorgerecht den Konsens der Eltern voraussetzt. Der Gesetzgeber müsse aber die tatsächliche Entwicklung beobachten und unter Umständen den Vätern einen Zugang zur gemeinsamen Sorge eröffnen. Wenn Mütter die gemeinsame Sorge ablehnten, sei dies Ausdruck eines Konflikts. Für die Verweigerung hätten Mütter schwerwiegende, von der Wahrung des Kindeswohls getragene Gründe. Nach einer Studie hat in den alten Bundesländern die Hälfte der Eltern nichtehelicher Kinder bereits sechs Monate nach der Geburt keine Beziehung mehr zueinander. Aktenzeichen: 1BvL 20/99, 1 BvR 933/01. (Seite 4)

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