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BZ (Badische Zeitung?)
Samstag, 08. Februar 1997

Männer sollen mehr Rechte im Umgang mit ihren nichtehelichen Kindern erhalten

Wenn Vater mit der Polizei das Kind holen kommt...


Gemeinsames Sorgerecht für nicht verheiratete Eltern
Immer mehr Väter kümmern sich intensiv um ihre Kinder

"Ich kann doch meine Kinder nicht zwingen. Sie wollen gar nicht zu ihrem Vater." Regina Wolf, 42, ist einem Beschluß des Landgerichts vom Mai 1995 zufolge "anbefohlen", ihre drei Kinder (13, 11, 7) jeden zweiten Samstag ihrem Vater "zuzuführen". Ein Pfleger ist eingesetzt, ihm zu seinem Umgangsrecht zu verhelfen, wenn nötig mit "polizeilicher Gewalt", wie es im Folgebeschluß des Gerichtsurteils heißt. Nur ihre Widerborstigkeit sei Schuld, hat die Richterin gesagt. Regina Wolf: "Das ist grotesk. Man versucht von Amts wegen eine Beziehung aufzubauen, wo gar keine ist." Der Vater habe zwar jahrelang seine Kinder besucht, jedoch nie im Haushalt von Regina Wolf gelebt. Nach "offenen Aggressionen" trennte sie sich endgültig von ihm. Der Vater jedoch erstritt sich das Recht, seine Kinder zu sehen. Ein Fall von vielen.

Tritt das neue Kindschaftsrecht in Kraft, wird die Auseinandersetzung vor das Familiengericht kommen. Denn nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung wird künftig nicht mehr zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern unterschieden, auch nicht im Fall einer Trennung oder Scheidung. Dem liegt ein Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 1991 zugrunde, wonach der Gesetzgeber Regelungen zu schaffen habe, welche die gemeinsame Sorge auch nicht verheirateter Eltern zulasse. Nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung sollen unverheiratete Väter mitreden dürfen. In der Bundesrepublik gibt es derzeit rund drei Millionen Alleinerziehende mit kanpp vier Millionen Kindern, davon 2 400 000 unter 18 Jahren, die davon betroffen sind. Der Verband alleinerziehendner Mütter und Väter (VAMV) sieht der Reform des Kindschaftsrechts mit gemischten Gefühlen entgegen, denn : In mehr als 80 Prozent aller Familien werden Kinder überwiegend von ihren Müttern versorgt, erzogen und betreut, in der Ein-Eltern-Familie beinah ausschließlich. Der Gesetzentwurf ignoriere diese Wirklichkeit und formuliere keine Pflichten: "Väter, selbst wenn sie sich nur zweimal im Jahr sehen lassen und keinen Unterhalt bezahlen, bekommen Rechte, die Mütter die Sorge."

Hier offenbart sich, woran der Gesetzgeber noch kaut: Da sind einerseits Väter, die Rechte an ihren Kindern beanspruchen, andererseits Mütter, die befürchten, der Vater suche sich nur die schönen Seiten des Umgangs mit den Kindern heraus: den monatlichen Zoobesuch, den Skiurlaub...

Das geplante Gesetz läßt allerdings auch die Möglichkeit, unter bestimmten Umständen, das Umgangsrecht oder die gemeinsame Sorge auszusetzen.

Aber auch dem muß Rechnung getragen werden: Seit Anfang der siebziger Jahre nimmt die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften stetig zu. 1,7 Millionen Männer und Frauen lebten nach einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes im Jahr 1995 ohne Heirat als Paar zusammen. In 17 Prozent der nichtehelichen Lebensgemeinschaften in den alten Bundesländern leben Kinder, in den neuen Bundesländern beträgt dieser Wert sogar 50 Prozent.

In Schweden, wo die Hälfte aller Kinder nichtehelich geboren wird, können Eltern deswegen schon seit 1976 auf Wunsch ein gemeinsames Sorgerecht ohne Heirat und Zusammenleben begründen. Auch in Dänemark führt seit 1985 eine "behördlich genehmigte Vereinbarung" zur gemeinsamen Kindessorge unverheirateter Eltern.

Denn auch das ist Wirklichkeit: Väter kümmer sich intensiv um ihre Kinder und entwickeln eine starke Bindung an sie. Wie zum Beispiel Robert Schirmer. Er und Susanne Traub leben unverheiratet zusammen und haben eine sechs Monate alte Tochter. Robert teilt mit seiner Lebensgefährtin den Erziehungsurlaub. Susanne sagt: "Wir sind eine Familie. Für uns ist es gut, wenn Robert die gleichen Rechte wie ein verheirateter Mann bekommen soll." Angenommen sie sürbe, müßte Robert nach der jetzigen Rechtslage die gemeinsame Tochter erst adoptieren, um das Sorgerecht zu erlangen.

Und da ist der Fall der neunjährigen Stefanie. Ihre unverheirateten Eltern haben sich vor zwei Jahren getrennt, Stefanie wohnt bei ihrer Mutter, besucht aber ihren Vater regelmäßig. Die Mutter verliebt sich erneut, und ihr Freund zieht ein. Stefanie will zum Vater, die Mutter ist damit einverstanden. Will er aber darüber entscheiden, wo Stefanie zur Schule gehen soll oder - im Fall einer Krankheit - ob sie operiert werden darf, muß der Vater erst die Vormundschaft über seine Tochter beantragen.

SILVIA FALLER

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