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taz
Donnerstag, 25. September 1997

Heute verabschiedet der Bundestag das neue Kindschaftsrecht. Damit verbessert sich die Stellung von Vätern, aber auch von nichtehelichen Kindern.

An den Vätern führt kein Weg vorbei


Der Exgeliebten des Schlagersängers Udo Jürgens käme das neue Kindschaftsrecht zupaß. Die Österreicherin klagte auf ein Umgangsrecht des gemeinsamen Töchterchens mit der Star. Denn Udo zahlt zwar für das nichteheliche Kind, wollte aber keinen regelmäßigen Kontakt. Nach deutschen Recht hätte die Frau künftig bessere Chancen, zumindest theoretisch. Künftig wird "jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt" sein.

Nach jahrelangem Gerangel haben sich die Rechtspolitiker von CDU, FDP und SPD auf die Reform des Kindschaftsrechts geeinigt. Wird das Gesetz heute erwartungsgemäß vom Bundestag beschlossen, soll es am 1. Juli 1998 in Kraft treten. Die Reform verbessert die Situation von nichtverheirateten Vätern und nichtehelichen Kindern, aber auch von Scheidungsvätern und deren Nachwuchs. Bundesjustizminister Schmidt-Jortzig (FDP) hatte sich nach der Beratung im Rechtsausschuß im Juni sehr zufrieden gezeigt: "Die von uns vorgeschlagene Reform ist in den wesentlichen Punkten akzektiert worden." Hinzugekommen sind aber auch einige Punkte, die in dem früheren Entwurf nicht enthalten waren.

Nach dem neuen Kindschaftsrecht steht nichtverheirateten Eltern künftig ein gemeinsames Sorgerecht zu. Die Eltern müssen lediglich beide erklären, daß sie die Sorge für das nichteheliche Kind gemeinsam übernehmen wollen. Dieser Passus entspricht dem Trend: Im Westen werden 13 Prozent der Kinder unehelich geboren, im Osten 42 Prozent.

Die Initiative "Väteraufbruch", obwohl grundsätzlich positiv zur Reform eingestellt, hält diesen Absatz allerdings für ungenügend. "Nichtverheiratete Väter in prekären, instabilen Beziehungen bleiben damit weiter ausgegrenzt", bemängelt Werner Sauerborn von "Väteraufbruch". Denn Mütter, die mit den Vätern der Kinder nicht zusammenleben, werden in vielen Fällen diesem gemeinsamen Sorgerecht nicht zustimmen.

Der Vater eines nichtehelichen Kindes hat künftig in jedem Fall ein Umgangsrecht mit seinem Nachwuchs. Das Umgangsrecht kann nur dann eingeschränkt werden, wenn die Mutter nachweist, daß die Besuche des Vaters dem Wohle des Kindes schaden. Ein Absatz in dem Gesetz fordert ausdrücklich: "Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt und die Erziehung erschwert."

Großeltern, Geschwister, Stiefelternteile und frühere Pflegeeltern sollen ebenfalls ein Umgangsrecht haben, wenn dies dem Wohle des Kindes dient. Das Kind selbst hat das Recht auf "Umgang mit jedem Elternteil". Die Eltern sind "berechtigt und verpflichtet" zum Kontakt mit ihrem Nachwuchs. Eine Mutter könnte also regelmäßige Besuche des Vaters einklagen. Bedeutsamer aber ist dieser Passus wohl eher für Kinder, die von sich aus etwa den Vater besuchen wollen, was ihnen aber von der Mutter verwehrt wird.

Der Passus zum Umgangsrecht für das Kind mit beiden Eltern ist erst zuletzt hinzugefügt worden und sei "eines der wesentlichen Ergebnisse" der Berichterstattergespräche, betont die frauenpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, Rita Grießhaber. "Das ist ein ganz wichtiger Schritt." Grießhaber bedauert allerdings, daß das Umgangsrecht des Kindes nicht auf Dritte wie Großeltern, Geschwister oder frühere Pflegeeltern ausgedehnt wurde.

Zur Reform gehört auch noch ein Erbrechtsgleichstellungsgesetz, nach dem nichteheliche Kinder gleichberechtigt neben ihren ehelichen Halbgeschwistern und der Ehefrau des verstorbenen Vaters erben können.

Das Kindschaftsrecht enthält zudem wichtige Neuerungen für Ehepaare, die sich trennen. Im Falle einer Scheidung bleibt das gemeinsame Sorgerecht erhalten, es sei denn, ein Elternteil beantragt die alleinige Sorge. Dann muß der Richter entscheiden. Der Richter muß aber in jedem Falle die Sorgerechtsfrage mit den Eltern erörtern und auf Beratungsangebote in den Jugendämtern hinweisen. Im Falle der gemeinsamen Sorge behält der betreuende Elternteil - also zumeist die Mutter - eine "Alleinentscheidungsbefugnis in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens". Das betrifft etwa schulische und gesundheitliche Fragen. Beide Eltern sind gemeinsam zuständig für Entscheidungen, "deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung" ist.

Mit dieser Neuregelung muß ein Familienrichter im Scheidungsverfahren nicht mehr automatisch auch über die Sorgerechtsfrage entscheiden. SPD, Grüne und PDS hatten gegen die "zwangsweise Verhängung" des gemeinsamen Sorgerechts protestiert. Die Interessenvertreterinnen befürchteten, daß am Ende die geschiedenen Väter mit ihren Entscheidungsbefugnissen nur die Mütter unter Druck setzen kötnnen. Mütter leisten statistisch nach wie vor die meiste Betreuungsarbeit.

In diesem Zusammenhang wurde oft auf eine Studie aus dem Jahre 1985 verwiesen. Danach hatte die Hälfte der geschiedenen Väter ein Jahr nach der Scheidung keinen Kontakt mehr zu den Kindern. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf berücksichtigt die Bedenken der Kritiker, indem der hauptsächlich betreuende Elternteil die "Alleinentscheidungsbefugnis" in alltäglichen Dingen bekommt.

Schon rund 17 Prozent der Scheidungseltern beantragen, das gemeinsame Sorgerecht zu erhalten. 1996 waren in Deutschland 150.000 Kinder von Scheidungen betroffen.

Barbara Dribbusch

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