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Schwarzwälder Bote
Dienstag, 11. Februar 2003

Gemeinsames Sorgerecht

Sind Väter unehelicher Kinder nur Väter zweiter Klasse? Das Bundesverfassungsgericht wies die Klage unverheirateter Väter ab, die das gemeinsame Sorgerecht ohne Zustimmung der Mutter bekommen wollten. Oberster Maßstab sei das Kindeswohl, argumentieren die höchsten Richter. Viele Väter sind enttäuscht, Experten reagierten überrascht. Und die Kinder? Auch noch so viele Paragrafen können ihren Trennungsschmerz nicht lindern.

Das letzte Wort haben die Mütter


Im Streit ums Sorgerecht spielen unverheiratete Väter die zweite Geige - mit richterlichem Segen

Stuttgart. Karnevalsprinzen werden sie oft genannt. Als Narren fühlen sie sich jedoch nicht. Und den Adelstitel empfinden viele von ihnen eher als Demütigung: Väter unehelicher Kinder.

Faschingsparty, Alkohol, nette Frau, kurze Bettgeschichte und neun Monate später für den Mann das böse Erwachen. Solche Fälle mag es geben. Doch Dietmar Nikolai Webel, Bundesvorstand vom Verein Väteraufbruch für Kinder, ist nicht nach Karneval zu Mute. "Dem Vater wird damit die Rolle zugewiesen, dass er das Vergnügen will, aber keine Verantwortung" sagt er. Webel, dessen Beziehung durch die Kindesmutter beendet wurde, fühlt sich stigmatisiert. Seit der Geburt seiner Tochter ist er fast täglich mit ihr zusammen. Leonie hat bei ihm ein eigenes Kinderzimmer, die Beziehung stimmt.

Und doch macht das Bundesverfassungsgericht Vätern wie Webel das Leben schwer. Denn über das Sorgerecht für uneheliche Kinder entscheidet noch immer die Mutter (AZ: BvL 20/99 und 933/01). Der Karlsruher Spruch von Ende Januar überraschte nicht nur die Interessenverbände. Auch Verfassungsrechtler und sogar der Deutsche Juristinnenbund (DJB) sahen die unverheirateten Väter grundgesetzwidrig benachteiligt. Sabine Heinke, Vorsitzende der Familienrechtskommission des DJB, räumt ein: "Mütter missbrauchen dieses Recht manchmal schon". Um ihren Ex-Partner zu verletzen oder um sich zu rächen, verweigern sie ihm das gemeinsame Sorgerecht. Aber Familienrichterin Heinke weiß auch aus ihrer täglichen Praxis: "Es gibt nur sehr wenige Streitfälle."

Den Karlsruher Richtern ging es nicht um die Interessen der Mutter oder die Belange des Vaters. Sie hatten vor allem das Wohl des Kindes im Blickwinkel. Und dem sei am ehesten gedient, wenn es kein Gezerre darum gibt, wer bei der Wahl der Schule oder des Wohnsitzes das Sagen hat. Daraus folgert das Gericht: Wenn unverheiratete Eltern sich nicht einigen, ist die Mutter zuständig. Dass Männer, die ihre Vaterrolle verantwortungsvoll ausüben wollen, dabei den Kürzeren ziehen können, nehmen die Verfassungsrichter in Kauf.

Edith Schwab, Bundesvorsitzende des Verbandes allein erziehender Mütter und Väter, freut sich über das höchstrichterliche Urteil. "Solange die Mutter ihrer Elternverantwortung gerecht werde, gebe es keinen vernünftigen Grund, gegen ihren Willen daran etwas zu ändern" sagt sie. "Die Karlsruher Richter hätten die Alltagsrealität richtig eingeschätzt. Im Übrigen seien durch das Umgangsrecht die Kontakte zwischen Kind und Vater geregelt."Dabei kommt eine Studie im Auftrag des Justizministeriums zu dem Schluss, dass bei Geschiedenen das gemeinsame Sorgerecht deren Kooperation fördern kann. Auch die Unterhaltsüberweisungen treffen regelmäßiger ein. Angesichts mangelnder Zahlungsmoral zahlreicher Väter eine willkommene Entlastung der Haushaltskasse vieler Mütter.

Außerdem würde mit der gemeinsamen Sorge als Regelfall den Vätern klar gemacht: "Du bist Vater, du hast eine Verantwortung mit allen Rechten und Pflichten."


STICHWORT
Trennungskind


Trennungs- und Scheidungskinder haben nach Angaben von Experten oftmals ihre ganzes Leben lang ein geringes Selbstwertgefühl. "Kinder leiden massiv unter der Trennung und Scheidung der Eltern. Die Folgen sind schwerwiegend", sagt die Freiburger Psychologin Christa Brauns-Hermann.

Sie ist Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft für die Beratung bei Familienkrisen. Als Folge des Auseinandergehens der Eltern seien bei Kindern auch Fälle von Ess-, Alkohol- und selbst Drogensucht zu beklagen. Lediglich Kinder im Alter von unter zwei Jahren leiden weniger unter der Trennung der Eltern, weil sie diese noch nicht auf sich selbst beziehen."

"Streiten lernen statt gleich scheiden lassen", rät sie Eltern.


"Väter wollen Pflichten oft nicht nachkommen"

Expertin für Familienrecht hält unversöhnliche Streitfälle für die Ausnahme

Stuttgart. Sabine Heinke, die Vorsitzende der Familienrechtskommission des Deutschen Juristinnenbundes, bemängelt das fehlende Pflichtbewusstsein vieler unverheirateter Väter.

Sie halten die Verfassungsbeschwerde unverheirateter Väter für begründet. Können Sie mit dem Karlsruher Urteil leben?

Ja, weil es nur um sehr wenige Streitfälle geht. Eltern haben - wenn sie zusammenleben - nach wie vor die Möglichkeit, das gemeinsame Sorgerecht zu erlangen.

Dient das Urteil dem Wohle des Kindes?

Ja. Aber für die wenigen Eltern, die sich in der Frage des gemeinsamen Sorgerechts nicht einigen können, bedarf es einer Regelung, die wir noch nicht haben. Das Hauptproblem jedoch sind Väter, die sich nicht um ihre Kinder kümmern. Und die wenigen, die sich um ihr Kind kümmern und nicht das passende Recht dazu haben, machen den größten Wirbel.

Das Verfassungsgericht geht davon aus, dass Mütter ihr Vetorecht nicht missbrauchen. Zu Recht?

Mütter missbrauchen dieses Recht manchmal schon.

Sie warnen vor einem Verlust der Vaterbindung, wenn das Kind ausnahmslos der Mutter zugeordnet ist. Kommt das BVG-Urteil dem nach?

Das Gericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, zu prüfen, ob unverheiratete Eltern, die zusammenleben, von ihrem Anspruch auf das gemeinsame Sorgerecht Gebrauch machen. Es fehlt bisher an einer statistischen Erfassung. Das muss nachgeholt werden. Sollte es in vielen Fällen nicht zur gemeinsamen Sorgeerklärung kommen, muss der Gesetzgeber etwas, unternehmen.

Väter pochen oft auf ihre Rechte. Wie aber sieht es in der Praxis mit ihren Pflichten aus?

Oft wollen die Väter ihren Pflichten nicht nachkommen. Sie heiraten nicht, weil sie keinen Unterhalt für die Frau zahlen wollen. Für den Unterhalt der Kinder muss oft genug die öffentliche Hand aufkommen.

Die Fragen stellte Jörg Lessing


Verabredung auf neutralem Boden

Betreuter Umgang im Streitfall / Eltern lernen, Väterbesuche selbst zu regeln

Von Barbara Czimmer-Gauss

Stuttgart. Nach einer Trennung sind die Gräben zwischen den ehemaligen Partnern oft unüberbrückbar. Wer wann und wo das gemeinsame Kind sehen darf, darüber entzündet sich zumeist ein erbitterter Streit. In Stuttgart helfen Moderatoren, dass bei den Familien wieder Normalität einkehrt.

Thomas und Cordula (Namen geändert), beide Ende 20 und unverheiratet, trennten sich, als ein Kind unterwegs war. Am Baby wollte Cordula festhalten, am Partner nicht. Das ehemalige Paar verkehrte daraufhin nur noch schriftlich miteinander. Vor anderthalb Jahren kam eine Tochter zur Welt, doch die Mutter hielt Thomas von ihr fern. Der zog vor Gericht. Sein Ziel war, das Recht auf Umgang mit der Tochter einzuklagen, und er hatte Erfolg.

Die Richter verhalfen auch dem Kind zu seinem Recht. Im Kindschaftsrecht aus dem Jahr 1998 ist geregelt, dass Kindern nach einer Trennung der Umgang mit beiden Elternteilen zusteht. Bei Konflikten zwischen den Eltern kann der so genannte betreute Umgang mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil angeordnet werden.

Alle 14 Tage trifft sich nun Thomas mit seiner Tochter beim Kinderschutzbund. Dort sind einige Räume mit Spielzeug, Tischen und Sitzgelegenheiten ausgestattet, was es dem Vater ermöglicht, spielerisch Kontakt zu seinem Kind zu knüpfen. Fachleute begleiten die Begegnungen.

Eine Lösung auf Dauer ist der betreute Umgang freilich nicht. Ziel ist es, dass die Eltern langfristig die Besuche selbst regeln lernen. Es sind kleine Schritte, die dort hinführen. Cordula erlaubt inzwischen, dass Thomas allein mit seiner Tochter zum Spielplatz gehen darf und beim letzten Treffen unterhielten sich die Erwachsenen eine Stunde lang miteinander.


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