Petition

Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses zur Petition


Pet 4-14-(07-40325-041201)

Sorgerecht der Eltern

Beschlussempfehlung

Das Petitionsverfahren abzuschließen.

Begründung

Mit der Petition wird eine Streichung des § 1626 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), mit dem die gemeinsame elterliche Sorge bei nicht miteinander verheirateten Eltern von der Zustimmung der Mutter abhängig gemacht wird, gefordert.

Statt dessen solle jeder Elternteil von Geburt an das Sorgerecht erhalten und ein Entzug nur bei Gefährdung des Kindeswohls möglich sein.

Neben das Sorgerecht solle eine Sorgepflicht der Elternteile gegenüber ihren Kindern sowie ein eigenes Recht des Kindes auf eine gemeinsame elterliche Sorge treten.

Zur Begründung wird auf Artikel 3 Grundgesetz (GG) verwiesen, wonach Männer und Frauen gleichberechtigt seien und niemand wegen seines Geschlechtes benachteiligt oder bevorzugt werden dürfe. Ferner wird auf Artikel 6 GG, der Pflege und Erziehung der Kinder als das natürliche Recht der Eltern und die zuförderst ihnen obliegende Pflicht ansieht, Bezug genommen.

Zu diesem Anliegen liegen dem Petitionsausschuss eine Vielzahl von Eingaben vor, die zusammen beraten werden.

Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter Einbeziehung einer zu dem Vorbringen erbetenen Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) wie folgt zusammenfassen:

Nach § 1626 a BGB in der Fassung des am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Kindschaftsrechtsreformgesetzes steht die elterliche Sorge Eltern, die bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet sind, gemeinsam zu, wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), oder einander heiraten. Im übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.

Abweichend vom bisherigen Recht haben nicht miteinander verheiratete Eltern damit die Möglichkeit, die gemeinsame elterliche Sorge zu begründen.

Notwendig ist jedoch eine Erklärung beider Elternteile. Stimmt ein Elternteil nicht zu, so hat die Mutter die elterliche Sorge allein. Gegen den Willen der Mutter wird der Vater also nicht an der elterlichen Sorge beteiligt. Auch eine Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater kommt nur in Betracht, wenn die Mutter zustimmt (§ 1672 Abs. 1 BGB) oder sie die elterliche Sorge nicht mehr ausüben kann, z.B. weil ihr die elterliche Sorge entzogen worden ist (§ 1666 Abs. 1, § 1680 Abs. 3 BGB).

Das Elternrecht nach Artikel 6 Abs. 2 GG, das seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. März 1995 (BverfGE 92, 158) generell auch dem Vater eines nichtehelichen Kindes zugebilligt wird, gewährt den Eltern ein Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe und lässt staatliche Eingriffe nur im Rahmen seines Wächteramtes zu. Soweit der Gesetzgeber die Grundrechtspositionen der Eltern untereinander auszugleichen hat, wird der Vorrang des elterlichen Erziehungsrechts gegenüber dem Staat aber nicht angetastet. Der Gesetzgeber ist daher an die strengen Voraussetzungen gebunden, die für einen Eingriff in das elterliche Erziehungsrecht vorliegen müssen (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juni 1982, BverfGE 61, 358, 374).

Der bisherige § 1705 BGB, der der Mutter allein die elterliche Sorge für das nichteheliche Kind zuwies, wurde in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 1981 für verfassungsgemäß eingestuft.

Schon damals hat das Bundesverfassungsgericht (BverfGE 56, 363, 386) dem Vater eines nichtehelichen Kindes, der mit dem Kind zusammenlebt, ein Elternrecht aus Artikel 6 Abs. 2 GG zugesprochen, die Versagung der elterlichen Sorge an den Vater aber zugleich gebilligt, weil sich die Eltern gegen eine verbindliche Ausgestaltung ihrer Beziehung entschieden hätten.

Der Gesetzgeber sei innerhalb der Grenzen der ihm obliegenden Gestaltungsbefugnis geblieben, wenn er seinerseits von einer näheren rechtlichen Ausgestaltung der Beziehungen zwischen Vater und Kind abgesehen habe und sich damit begnügt hätte, eine auf das Kindeswohl abgestimmte Regelung des Sorgerechts zu treffen. Auch einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz hat das Bundesverfassungsgericht dieser Regelung nicht attestiert (a.a.O. S. 389 f.). Es hat insoweit ausgeführt: "Er (Der Gesetzgeber) hatte eine Regelung zu schaffen, die den Träger des Sorgerechts bereits bei der Geburt bestimmte. Die Klärung der Elternverantwortung kann nicht von einem Entscheidungsprozess abhängen, der erst nach der Geburt des Kindes stattfindet; denn das nichteheliche Kind hat gleich dem ehelichen Kind Anspruch darauf, dass seine personalen Verhältnisse zu seinem Schutz rechtlich geregelt sind, wenn es auf die Welt kommt. ... Da vergleichbare Verhältnisse (wie bei dem ehelichen Kind) bei Vater und Mutter eines nichtehelichen Kindes dagegen nicht vorauszusetzen sind, musste sich eine Sorgeregelung hier an anderen Kriterien orientieren.

Insoweit konnte berücksichtigt werden, dass die natürliche Verbindung des ungeborenen Lebens mit dem der Mutter eine besonders geartete Beziehung ist, für die es in anderen Lebenssachverhalten keine Parallele gibt." Mit Beschluss vom 7. Mai 1991 (BverfGE 84, 168) hat das Bundesverfassungsgericht es für verfassungswidrig erklärt, dass nicht miteinander verheiratete Eltern keine gemeinsame Sorge erlangen können, soweit es um gemeinsame Kinder geht, die mit beiden Elternteilen zusammenleben. Die konkrete Ausgestaltung der gemeinsamen Sorge hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber überlassen.

In dem bereits genannten Beschluss vom 7. März 1995 (BverfGE 92, 158) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Väter nichtehelicher Kinder generell, also auch wenn sie ihrer Elternverantwortung nicht nachkommen (können), Träger des verfassungsrechtlich geschützten Elternrechts sind. Es hat aber keine schematische Gleichbehandlung von Vater und Mutter gefordert, vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht aus (BverfGE 92, 158, 179), dass die Einbeziehung aller Väter nichtehelicher Kinder in den Schutzbereich eine differenzierende Ausgestaltung ihrer Rechtsstellung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen tatsächlichen Verhältnisse nicht ausschließe. Insbesondere könne der Gesetzgeber einem Elternteil die Hauptverantwortung für die Erziehung zuordnen, wenn die Voraussetzungen für eine gemeinsame Ausübung der Elternbefugnisse fehlen.

Voraussetzung für eine kindeswohlgerechte Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist nach allgemeiner Meinung zumindest ein gewisses Maß an Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit der Eltern (BverfGE 92, 158, 177: "Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Eltern"). Im Hinblick auf die oben dargestellten rechtstatsächlichen Ausgangsdaten, insbesondere der Tatsache, dass Kinder nicht miteinander verheirateter Eltern nach wie vor auch im Rahmen flüchtiger und instabiler Beziehungen geboren werden (so auch die Begründung des Regierungsentwurfs eines Kindschaftsrechtsreformgesetzes, Bundestags-Drucksache 13/4899 S. 58), konnte der Gesetzgeber eine solche Kooperationsbereitschaft bei nicht miteinander verheirateten Eltern nicht generell vermuten. Deshalb war es im Hinblick auf das Kindeswohl geboten und im Hinblick auf die oben zitierten Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 24. März 1981 folgerichtig, wenn die elterliche Sorge bei der Geburt einem Elternteil zugewiesen wird. In diesem Zeitpunkt ist die Beziehung des Kindes zur Mutter enger als diejenige zum Vater, so dass ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung von Mutter und Vater gegeben ist. Die Berücksichtigung dieses Umstands bei der Überprüfung der Regelung der elterlichen Sorge hat das Bundesverfassungsgericht in der eben genannten Entscheidung ausdrücklich gebilligt. Dokumentieren die Eltern ihre Kooperationsbereitschaft, indem sie Sorgeerklärungen abgeben oder (wie in der Mehrzahl der Fälle) einander heiraten, so steht ihnen die Sorge gemeinsam zu. Damit hat der Gesetzgeber den Gesetzgebungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts aus seiner Entscheidung vom 7. Mai 1991 erfüllt.

Fehlt eine solche Dokumentation, so wird der Vater gegen den Willen der Mutter grundsätzlich nicht an der Sorge beteiligt. Jede spätere Änderung der elterlichen Sorge bedeutet aus Sicht des Kindes nämlich zunächst einen Kontinuitätsabbruch. Für die Mutter wäre eine Regelung, die einen Sorgewechsel in solchen Fällen vorsieht, in denen sich der Vater als der "bessere" Elternteil erweist, eine ständige Belastung, die auch das Verhältnis zum Kind nicht unberührt lassen würde (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs eines Kindschaftsrechtsreformgesetzes, Bundestags-Drucksache 13/4899 / S. 59 f.).

Im Hinblick auf die hohe Trennungswahrscheinlichkeit von Eltern, die auch nach der Geburt des Kindes einander nicht heiraten, hat sich der Gesetzgeber innerhalb seines Gestaltungsspielraums für die rechtliche Absicherung der nach den rechtstatsächlichen Ausgangsdaten für das Kind verlässlichen Mutter-Kind-Beziehung entschieden. Der hohen Bedeutung der Vater-Kind-Beziehung hat er durch ein stark ausgeweitetes Umgangsrecht (§ 1684 BGB) Rechnung getragen. Der Gesetzgeber hat damit eine am Kindeswohl orientierte verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung getroffen.

Was die Forderung nach einer Sorgepflicht neben dem Sorgerecht betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass im Bürgerlichen Gesetzbuch die "elterliche Sorge"; als "Pflicht und Recht für das minderjährige Kind zu sorgen" (§ 1626 Abs. 1 Satz 1 BGB) definiert wird. Durch die Umstellung der Wörter "Recht" und "Pflicht"; mit dem Kindschaftsrechtsreformgesetz hat der Gesetzgeber der vorrangigen Bedeutung der Elternpflicht Rechnung getragen.

Zur Forderung nach einem Kindesrecht auf elterliche Sorge ist anzumerken, dass die Elternpflicht zur Sorge für das Kind schon jetzt in erster Linie gegenüber dem minderjährigen Kind selbst besteht, und das Kind dementsprechend ein Recht auf die Sorge durch seine Eltern hat. Dies zeigt sich schon daran, dass das Kind im Falle der Verletzung der Sorgepflicht einen Schadenersatzanspruch gegen seine Eltern auf der Grundlage des § 1664 Abs. 1 BGB hat.

Aus diesen Erwägungen hält der Petitionsausschuss einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Sinne des Anliegens für nicht angezeigt. Er empfiehlt deshalb, das Petitionsverfahren abzuschließen.
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